Author Archives: Lampedusa-Bündnis

About Lampedusa-Bündnis

Das Sterben im Mittelmeer zeigt so leidvoll unser aller Versagen, eine Welt aufzubauen, in der alle in Frieden und menschenwürdig leben können. Ziele, die die Staaten allen Menschen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der Atlantik- und UN-Charta im und nach dem Zweiten Weltkrieg versprochen haben. Wir wollen jetzt mit dem Lampedusa-Solidaritäts-Forum (Lampedusa-Solidarity-Forum) dazu beitragen, das zu ändern und daran arbeiten, die große, aber notwendige und auch mögliche Vision einer von den Bürgern getragenen Weltordnung mit Menschenrechten für alle, zu verwirklichen! Lasst uns dafür Nachrichten, Bildung, Lobbyarbeit und Aktionen organisieren, Reformprogramm anstoßen und Mehrheiten dafür schaffen. Initiiert von der Initiative Black&White e.V. Bahnhofstr. 15 37281 Wanfried Email: lampedusa-solidarity@gmx.de Telefon: 05655-924981 Mobil: 0171-9132149 Homepages der Initiative Black&White www.blackandwhite-schwarzundweiss.de www.blackandwhiteinitiative.wordpress.com verantwortlicher Moderator der Seite: Wolfgang Lieberknecht

Im Mittelmeer werden nach UN-Angaben 75 Flüchtlinge vermisst, die nach Europa gelangen wollten. Die italienischen Marine habe am Dienstag vor der Küste Siziliens ein havariertes Schiff entdeckt, 27 Menschen konnten gerettet werden, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Mittwoch mit. Die Überlebenden hätten berichtet, dass ursprünglich 75 weitere Menschen mit ihnen an Bord waren.

75 Flüchtlinge im Mittelmeer vermisst
In Folge der Operation "Mare Nostrum" ist die italiensiche Marine im Mittelmeer aktiv.

In Folge der Operation “Mare Nostrum” ist die italiensiche Marine im Mittelmeer aktiv. – Foto: APA/EPA/MARINA MILITARE/HANDOUT
75 Flüchtlinge im Mittelmeer vermisst Vor der Küste Siziliens wurde ein havariertes Schiff entdeckt, 27 Menschen konnten gerettet werden.

Im Mittelmeer werden nach UN-Angaben 75 Flüchtlinge vermisst, die nach Europa gelangen wollten. Die italienischen Marine habe am Dienstag vor der Küste Siziliens ein havariertes Schiff entdeckt, 27 Menschen konnten gerettet werden, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Mittwoch mit. Die Überlebenden hätten berichtet, dass ursprünglich 75 weitere Menschen mit ihnen an Bord waren.

Die bisherigen Ermittlungsergebnisse deuteten darauf hin, dass “rund 70 Personen nach dem Unglück vermisst sind”, erklärte der Staatsanwalt der sizilianischen Stadt Catania, Giovanni Salvi. “27 konnten gerettet werden.” Wahrscheinliche Ursache für das Unglück, dass sich “in den vergangenen Tagen” ereignete, war demnach das schlechte Wetter sowie der Umstand, dass das Schlauchboot mit 101 Personen an Bord völlig überfüllt gewesen sei.

Die italienische Marine brachte allein am vergangenen Wochenende mehr als 5.000 Bootsflüchtlinge in Sicherheit, die über das Mittelmeer in Richtung Europa unterwegs waren. Damit stieg die Zahl der Flüchtlinge, die in diesem Jahr aus Nordafrika kommend in Italien eintrafen, auf mehr als 63.000. Nachdem im Jahr 2013 bei verschiedenen Flüchtlingsdramen mehr als 400 Menschen ertrunken waren, hat die italienische Marine die Operation “Mare Nostrum” gestartet, mit der ein rechtzeitiges Auffinden Schiffbrüchiger gewährleistet werden soll.

45 Leichen geborgen

Zuvor war an Bord eines ebenfalls vor Sizilien geretteten Flüchtlingsboots, das am Dienstagnachmittag auf Sizilien eingetroffen ist, die Leichen von 45 Migranten geborgen. Feuerwehrmannschaften mussten lang arbeiten, um die Leichen aus dem engen Lagerraum zu bergen, in dem die eingepferchten Flüchtlinge erdrückt, oder erstickt sind. “Es ist wie ein Massengrab, das an Auschwitz erinnert”, berichtete der Polizeichef der sizilianischen Stadt Ragusa, Antonino Ciavola. Die Leichen werden jetzt in der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo obduziert. Die Todesopfer – Männer aus Zentralafrika – wurden in einem Fischerboot entdeckt, auf dem sich 590 Migranten befanden, doppelt so viele wie es der Sicherheit entsprechen hätte. Das Fischerboot wurde von einem Schiff der italienischen Marine nach Pozzallo geschleppt. Die Überlebenden wurden befragt. Zwei mutmaßliche Schlepper wurden festgenommen.

Flüchtlingsproblematik wird EU-Thema

Mit dem Beginn der italienische EU-Ratspräsidentschaft will die Regierung Renzi inzwischen die heikle Flüchtlingsproblematik an die Spitze der europäischen Agenda setzen. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström reist am Donnerstag nach Rom, wo sie mit der Regierung Renzi Gespräche zur Migrationsfrage führen wird. Das Kabinett will vor allem über die Zukunft des Einsatzes “Mare Nostrum” zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer beraten und von Brüssel eine Zusage für finanzielle Unterstützung der Mission aus EU-Kassen erhalten. Premier Matteo Renzi will auf den designierten EU-Kommissionspräsidenten Jean Claude Juncker für eine rasche Ernennung eines EU-Kommissars Druck machen, der sich mit dem Flüchtlingsproblem befassen soll.

“Italiens EU-Vorsitz ist eine einmalige Gelegenheit, um die EU zu überzeugen, dass sie sich konkret zur Bewältigung der Flüchtlingswelle engagieren muss”, kommentierte der Senator der Regierungspartei NCD, Renato Schifani.

Rechtsparteien verschärfen indes den Druck auf die Regierung für ein sofortiges Ende des Einsatzes “Mare Nostrum”, der ihrer Ansicht nach den Menschenhandel über das Mittelmeer nur noch fördern würde. “Wir haben zwar die Pflicht, Menschen in Seenot zu retten. Wir können jedoch diese verzweifelte Flucht aus Afrika nicht unterstützen, die kriminelle Schlepperbanden bereichert”, betonte der Senator der oppositionellen Forza Italia Maurizio Gasparri.

 

http://kurier.at/politik/weltchronik/schiffsunglueck-im-mittelmeer-75-fluechtlinge-nach-schiffsunglueck-vermisst/73.040.018

die vom Westen gepuschte Unanbhängigkeit des Südsudan hat Gewalt und Chaos hervorgebracht nicht die versprochene Freiheit der Bevölkerung! Die SPLM, die doch eigentlich eine Vision für eine ganze Nation entwickeln sollte, hat für sich selber noch keine Identität für die Zeiten des Friedens und der staatlichen Normalität gefunden. Das beginnt mit der organisatorischen Nähe zur SPLA, der Befreiungsarmee im südsudanesischen Bürgerkrieg von 1983 bis 2005. Die Parteiführer denken wie die Militärführer, die sie waren und immer noch sind. Ihre Befehlsgewalt ist dabei besonders krude, denn sie haben das Handwerk ursprünglich fast alle als Offiziere der sudanesischen Armee Khartums gelernt. Führung misst sich dabei an der Fähigkeit, den Zusammenhalt der Gruppe mit Gewalt zu erzwingen.

Südsudan

Blutige Faktionskämpfe in der Regierungspartei

Auslandnachrichten Heute, 20:10
Panzer patroullieren auf den Strassen der Hauptstadt Juba.
                    Panzer patroullieren auf den Strassen der Hauptstadt Juba.                                             (Bild: Reuters)
Bei einem offenbar gescheiterten Putschversuch sind in der südsudanesischen Hauptstadt Juba Dutzende von Soldaten getötet worden. Die Führung des Landes trägt ihre Machtkämpfe wie zu Zeiten des sudanesischen Bürgerkriegs mit Waffengewalt aus.

Markus M. Haefliger, Nairobi

In einer Welt, wie sie sich ausländische Vermittler des sudanesischen Friedensabkommens von 2005 vorgestellt haben, würde der Südsudan jetzt wirtschaftlich und sozial gedeihen und auf dem Weg der Staatenbildung rasche Fortschritte machen. Aber zweieinhalb Jahre nach der Erlangung der Unabhängigkeit ist das Gegenteil der Fall: Für die Entwicklung des Landes geschieht viel zu wenig, die Erdöleinnahmen versickern in einem aufgeblähten Staats- und Sicherheitsapparat, und nun zeigen Faktionskämpfe zwischen Gefolgsleuten von Präsident Kiir und seinen Rivalen, wie die politische Führung ihre Meinungsverschiedenheiten mit Gewalt statt demokratischen Mitteln austragen will.

Verschreckte Bevölkerung

Die Kämpfe in der Hauptstadt Juba hatten, wie kurz gemeldet, am Montag begonnen. Kiir versicherte gleichentags im Fernsehen, ein Putschversuch sei niedergerungen worden. Aber in der Nacht auf Dienstag brachen die Feindseligkeiten erneut aus und dauerten bis mittags an. Laut der Agentur AFP, die sich auf Ärzte des Militärspitals beruft, wurden dabei mindestens 66 Soldaten getötet und 140 verletzt. Die Strassen blieben am Dienstag menschenleer; Soldaten patrouillierten zu Fuss und in Panzerfahrzeugen. Mehr als 10 000 Zivilisten hatten sich in den abgesicherten Bezirk der Uno beim Flughafen geflüchtet.

Kiir hatte am Montag als Anführer des angeblichen Putschversuchs den im Juli abgesetzten Vizepräsidenten Riek Machar genannt. Laut gut unterrichteten Kreisen in Juba hatte Machar am Sonntag ein Treffen des National Liberation Council, des Führungsgremiums des Sudan People’s Liberation Movement (SPLM), unter Protest verlassen. Die Regierungspartei ist seit Monaten zerstritten. Vordergründig geht es dabei um Korruptionsvorwürfe und die Entlassung zahlreicher Minister durch Kiir seit Anfang Jahr, tatsächlich aber um die Frage, ob Kiir Parteichef bleibt. Damit wäre er bei den Präsidentenwahlen von 2015 für eine dritte Amtszeit praktisch gesetzt. Über den Aufenthalt Machars wurde am Dienstag nichts bekannt. Dagegen soll Pagan Amun, ein ehemaliger Chefunterhändler mit Khartum, den Kiir, ebenfalls im Juli, als Generalsekretär der Regierungspartei abgesetzt hatte, verhaftet worden sein.

Betonköpfe machen Politik

Mit den blutigen Kämpfen haben die Faktionskämpfe innerhalb der SPLM eine dramatische Wende genommen. Kiirs Gegner hatten bisher den Anschein erweckt, dass sie mit demokratischen Mitteln gegen ihre Herabstufung und Ausgrenzung vorgehen wollten. Amun etwa hatte im Zusammenhang mit seiner Entlassung die Gerichte angerufen. Nun werden offenbar die Spielregeln fahrengelassen.

Die SPLM, die doch eigentlich eine Vision für eine ganze Nation entwickeln sollte, hat für sich selber noch keine Identität für die Zeiten des Friedens und der staatlichen Normalität gefunden. Das beginnt mit der organisatorischen Nähe zur SPLA, der Befreiungsarmee im südsudanesischen Bürgerkrieg von 1983 bis 2005. Die Parteiführer denken wie die Militärführer, die sie waren und immer noch sind. Ihre Befehlsgewalt ist dabei besonders krude, denn sie haben das Handwerk ursprünglich fast alle als Offiziere der sudanesischen Armee Khartums gelernt. Führung misst sich dabei an der Fähigkeit, den Zusammenhalt der Gruppe mit Gewalt zu erzwingen.

Für demokratischen Dissens ist in diesem Weltbild kein Platz. Die Geschichte des südsudanesischen Befreiungskampfes ist von internen Bürgerkriegen geprägt. 1991 führten strategische Meinungsverschiedenheiten zwischen der Nasir-Faktion der SPLA im Osten und John Garangs Torit-Faktion zu gegenseitigen Massakern. Der Anführer in Nasir war kein anderer als Kiirs gegenwärtiger Rivale Riek Machar. Der Konflikt bekam damals eine ethnische Färbung, weil Machars Leute Nuer waren und gemeinsam mit den Shilluk aus dem Niltal gegen die Dominanz der Dinka in der SPLA aufbegehrten; der 2005 verstorbene Garang war ein Dinka, wie Kiir einer ist.

Drohender Stammeskonflikt

Präsident Kiir nannte Machar am Montag einen «Propheten des Unglücks», der seine bösen Ziele von 1991 weiter verfolge. Vielen Südsudanesen dürften bei der Anspielung an die Vergangenheit erschauert sein. Kiir galt bisher als geschickter Versöhner, der in seinem Kabinett viele Ethnien versammelte. Aber er wäre nicht der Erste, der sich in Afrika auf seine Gruppe abstützt, sobald er sich in Gefahr glaubt. Es geht im Südsudan um Macht und Pfründen. Aber die Ereignisse der vergangenen zwei Tage malen die Gefahr eines ethnischen Konflikts an die Wand.

Ist Frankreichs Militäreinsatz uneigennützig oder für die französischen Wirtschaftsinteressen? DerAufmarsch in Zentralafrika wurde schon seit März vorbereitet!

Einsatz in Zentralafrika: Wer zahlt, bestimmt mit

Kommentar | Stefan Brändle
15. Dezember 2013, 18:28

Ist der Truppeneinsatz wirklich uneigennützig, oder dient er auch den französischen Wirtschaftsinteressen?

Die Zentralafrikanische Republik macht erstmals seit den Zeiten von “Kaiser”  Bokassa in den Siebzigerjahren wieder weltweit Schlagzeilen: Zwischen Christen und der muslimischen Minderheit droht ein Bürgerkrieg; unzählige Zivilisten wurden schon massakriert, noch viel mehr sind auf der Flucht. Frankreichs Präsident François Hollande schickte französische Elitetruppen, um die Streitparteien zu trennen. Jetzt wünscht er, dass sich die EU an dem – mehrere hundert Millionen Euro teuren – Truppeneinsatz finanziell beteiligt. Ende der Woche wird er beim EU-Gipfel die Einrichtung eines “Fonds” für solche Militäroperationen beantragen.

Eine derartige Kriegskasse kann sinnvoll sein, aber natürlich nur, wenn mitzahlende Partner auch mitbestimmen können. In Zentralafrika könnte die EU den Militäreinsatz aber nur nachträglich abnicken. Dabei hat der französische Generalstab den Einsatz seit März vorbereitet; Hollande hatte also genug Zeit, in Brüssel vorstellig zu werden.

Dort hätte man aber unbequeme Fragen gestellt. Ist der Truppeneinsatz wirklich uneigennützig, oder dient er auch den französischen Wirtschaftsinteressen? Und wenn die EU mitzahlt, hat sie dann in der ehemaligen französischen Kolonie auch ein Mitspracherecht zum politischen und volkswirtschaftlichen Wiederaufbau jenseits von postkolonialer Pseudo-Demokratisierung?

Noch eine Frage steht im Raum: Will Frankreich in Zen­tralafrika auch den Vormarsch der Islamisten aufhalten, das heißt ein zweites Somalia verhindern? Falls dies im europäischen Interesse ist, wie es in Paris heißt, dann muss das auch auf europäischer Ebene beraten werden. Die französische Regierung bleibt die Debatte aber schuldig. Unter diesen Umständen ist eine finanzielle Beteiligung an einer wenig transparenten Militärmission nicht angebracht. (DER STANDARD, 16.12.2013)

Israel geht mit Gewalt gegen Flüchtlinge vor, die gegen ihre Internierung in der Negevwüste demonstrierten!

Demo vor der Knesset – 180 Männer in Abschiebelager  in der Negevwüste zurückgebracht

Jerusalem – Nach Protesten gegen ihre Unterbringung in Abschiebelagern im Süden Israels sind in Jerusalem 180 illegal eingewanderte Afrikaner festgenommen worden. Starke Polizeikräfte hätten am Dienstag die Kundgebung vor dem Parlamentsgebäude teils unter Gewaltanwendung aufgelöst, berichtete ein AFP-Reporter. Zwei verletzte Demonstranten mussten demnach ärztlich behandelt werden.

Die Flüchtlinge hatten zuvor gegen ihre Einweisung in ein neu eingerichtetes Internierungslager in der Negevwüste protestiert.

“Wir haben 180 Personen zu bereitstehenden Bussen gebracht, nachdem wir den unerlaubten Protest beendet haben”, sagte ein Polizeisprecher. Sie würden zurück in ein Internierungslager in Südisrael gebracht. Die illegal nach Israel eingewanderten Afrikaner hatten zunächst vor der Residenz des israelischen Ministerpräsidenten und dann vor der Knesset Schilder mit der Aufschrift hochgehalten: “Wir sind Flüchtlinge und keine Verbrecher” sowie “Wir sind in Gefahr, nicht gefährlich”.

Eine Sprecherin der Justizvollzugsbehörden hatte am Montag mitgeteilt, 282 Insassen des Lagers von Cholot seien am Sonntagabend nicht zum abendlichen Zählappell zurückgekehrt. Stattdessen hätten sie die Nacht im Busbahnhof der 50 Kilometer entfernten Stadt Beersheba verbracht und seien von dort Richtung Jerusalem marschiert. Ein Kibbuz auf halber Strecke nahm die Protestierenden in der Nacht zum Dienstag auf; von Bürgerrechtlern gecharterte Busse brachten sie dann nach Jerusalem.

Am Donnerstag waren die ersten 484 Flüchtlinge in das Internierungslager gebracht worden, das zunächst 3300 Menschen und später bis zu 11.000 Insassen aufnehmen soll. Die Insassen dürfen nur tagsüber das Lager verlassen. Das Parlament hatte vor einer Woche ein neues Gesetz verabschiedet, das die Internierung bis zu einem Jahr ohne Gerichtsverfahren erlaubt. Das Vorgängergesetz, das ein Wegsperren bis zu drei Jahre ohne Richterspruch ermöglichte, war im September vom Obersten Gericht außer Kraft gesetzt worden.

Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte am Dienstag vor dem Parlament: “Die Eindringlinge, die in die neue Einrichtung gebracht wurden, können dort bleiben oder in ihre Heimatländer zurückkehren.” Eine andere Wahl hätte sie nicht. (APA, 17.12.2013)

 

http://derstandard.at/1385171377658/Fluechtlingsprotest-in-Jerusalem-gewaltsam-aufgloest

Hat der Westallierte Saudi Arabien bei den Anschläge auf die Twin Tours die Hände im Spiel gehabt und hat Busch die Aufdeckung verhindert? Zwei Senatoren, der Republikaner Walter Jones und der Demokrat Stephen Lynch, fordern die Veröffentlichung von 28 zensierten Seiten des offiziellen Berichts über die Anschläge von 9/11 in New York. Die Senatoren, die in die entfenten Passagen Einsicht nehmen konnten, haben eine Resolution vorgelegt, um Präsident Obama zu zwingen, das offizielle Schweigen dazu zu brechen, so die “New York Post”. Demnach sind in der Vergangenheit zahlreiche, auch vom Geheimdienst CIA bestätigte Informationen über die Beziehungen zwischen saudischen Amtsträgern und einigen Selbstmordattentätern aufgetaucht.

9/11-Bericht soll Saudis belasten

17. Dezember 2013, 17:24
  • 9. September 2001: Präsident Bush wird über die Anschläge auf World Trade Center informiert

    vergrößern 959×676

     

     

    foto: apa/afp/paul j. richards

     

     

     

    9. September 2001: Präsident Bush wird über die Anschläge auf World Trade Center informiert

     

     


Präsident Bush ließ 28 Seiten entfernen – Senatoren Jones und  Lynch verlangen Veröffentlichung

Washington/Riad – Die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien sind zur Zeit nicht die besten. Das Wüstenkönigreich ist über die vorsichtige Öffnung Washingtons gegenüber dem Iran alles andere als erfreut. Zudem kritisiert Riad die “weiche” Linie von US-Präsident Barack Obama im Syrien-Konflikt.

Doch jetzt könnte sich eine neue Quelle für Konflikte zwischen den engen “Verbündeten” auftun: eine mögliche Komplizenschaft Saudi-Arabiens mit den Attentätern vom 11. September 2001. Zwei Senatoren, der Republikaner Walter Jones und der Demokrat Stephen Lynch, fordern die Veröffentlichung von 28 zensierten Seiten des offiziellen Berichts über die Anschläge von 9/11 in New York und Washington, berichtet die “New York Post”.

Bush ordnete Zensur an

Ein Abschnitt des Berichts war unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush entfernt worden, offenbar um die Beziehungen zu einem wichtigen Verbündeten im Nahen Osten nicht zu belasten. Die Senatoren, die in die entfenten Passagen Einsiucht nehmen konnten,  haben eine Resolution vorgelegt, um Präsident Obama zu zwingen, das offizielle Schweigen dazu zu brechen, so die  “New York Post”.

Demnach sind in der Vergangenheit zahlreiche, auch vom Geheimdienst CIA bestätigte Informationen über die Beziehungen zwischen saudischen Amtsträgern und einigen Selbstmordattentätern aufgetaucht: Der saudische Konsulatsangestellte in Los Angeles, Fahad al Thumairy, koordinierte ein Empfangsteam für zwei der Flugzeugentführer von 9/11, Khalid al-Minhdhar und Nawaf al-Hazmi. Das selbe Team unter der Leitung von Omar al-Bayoumi richtete einen Stützpunkt in San Diego ein.

Spenden aus Riad

Auch eine mit der Familie Bush befreundete Persönlichkeit erscheint in schiefem Licht: Prinz Bandar bin Sultan, damals Botschafter in Washington und heute saudischer Geheimdienstchef, überwies 130.000 Dollar an den saudischen Agenten Osama Bassnan, der die beiden Flugzeugentführer in Kalifornien unterstützte. Später kamen noch weitere Spenden aus Riad.

Von nicht weniger Interesse sind die Bewegungsprofile anderer saudischer Emissäre: Saleh Hussayen wohnte im selben Hotel beim Washingtoner Airport Dulles, wo auch die Terroristen untergebracht waren, die ein Flugzeug ins Pentagon steuern sollten. Esam Ghazzawi, ein Berater eines Enkels des Königs, empfing in seiner Luxusresidenz in Sarasota in Florida den Anführer des Terrorkommandos, Mohammed Atta. und andere Selbstmordattentäter. Zwei Wochen vor dem 11. September verließ der Saudi-Funktionär überstürzt seine Residenz und ließ teure Autos und Einrichtungsgegenstände zurück.  (red/APA, 17.12.2013)

http://derstandard.at/1385171368133/911-Bericht-soll-Saudis-belasten

Sudanesische Asylsuchende demonstrieren nah langer Inhaftierung vor Israel Innenministerium in Jerusalem!

Asylsuchende in Israel

Protestmarsch im Heiligen Land

Auslandnachrichten Heute, 18:56
Sudanesische Asylsuchende in Israel sind trotz der Kälte zu einem Protestmarsch nach Jerusalem aufgebrochen. Sie waren monatelang im Gefängnis und weigern sich nun, in die neue offene Haftanstalt zurückzukehren, in die sie transferiert wurden.
Monika Bolliger, Jerusalem

Eine Gruppe von etwa 150 sudanesischen Asylsuchenden hat sich am Montag von Beerscheba im Süden Israels zu Fuss zur Knesset in Jerusalem aufgemacht. Die Sudanesen waren Ende letzte Woche von einem geschlossenen Gefängnis für Migranten in eine offene Internierungsanstalt verlegt worden, nachdem das Oberste Gericht ein Gesetz zum langfristigen Einsperren von Asylsuchenden für ungültig erklärt hatte. Die Migranten dürfen die neue Anstalt nur tagsüber verlassen und müssen sich dreimal täglich dort melden. Anstatt am Abend zurückzukehren, brachen sie aber nach Jerusalem auf, um beim Innenminister zu protestieren.

Die meisten waren nicht für die Kälte gerüstet, und manche waren geschwächt, weil sie nach dem Transfer einen Hungerstreik begonnen hatten. Zwei brachen unterwegs zusammen und mussten in ein Spital gebracht werden. Ahmad Abdelmoneim aus Darfur sagte im Gespräch, er könne nicht nach Darfur zurück, und auch Nachbarländer wie Ägypten seien für afrikanische Flüchtlinge nicht sicher. Er kam 2012 nach Israel und wurde sofort inhaftiert. Nach einem Jahr durfte er ein Asylgesuch stellen. Dieses ist noch ausstehend. Israel hat bisher nur einer Handvoll nichtjüdischer Flüchtlinge Asyl gewährt. Abdelmoneim sagt: «Wir wollen wie Menschen behandelt werden. Wenn Israel uns nicht aufnehmen kann, brauchen wir einen anderen sicheren Ort.»

Menschenrechtsorganisationen fechten das neue Gesetz für Migranten vor dem Obersten Gericht an. Die Asylsuchenden würden auch mit dem neuen Gesetz unbegrenzt eingesperrt mit dem Ziel, ihren Willen zu brechen, damit sie sich «freiwillig» deportieren liessen, schrieben sie in einer Stellungnahme. Israel ist vom Ansturm afrikanischer Asylsuchender überfordert und reagiert mit Improvisationen auf das Problem. Rechte Politiker sagen, die «Infiltranten», wie sie hier genannt werden, gefährdeten den jüdischen Charakter des Staates. Es handle sich grösstenteils um Wirtschaftsflüchtlinge.

http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/protestmarschim-heiligen-land-1.18205940

 

Kinder werden getötet, weil sie entweder Muslime oder Christen sind. Und Kinder werden als Soldaten von bewaffneten Gruppen rekrutiert – wahrscheinlich sind es schon mehr als 6.000. Zu lange haben die Leben von Kindern in diesem vergessenen Konflikt in Zentralafrika nicht gezählt

2,3 Millionen Kinder von Konflikt in Zentralafrika betroffen

16. Dezember 2013, 11:33

UNICEF-Direktor Anthony Lake: “Kinder werden getötet, weil sie entweder Muslime oder Christen sind”

Bangui – Die Vereinten Nationen haben die brutale Gewalt auch gegenüber Kindern in der Zentralafrikanischen Republik als “einen Angriff auf die Menschlichkeit” bezeichnet. Von den Kämpfen zwischen muslimischen Rebellen und christlichen Bürgerwehren seien mittlerweile 2,3 Millionen Kinder in dem Krisenland betroffen, teilte das Kinderhilfswerk UNICEF am Montag mit.

“Zu lange haben die Leben von Kindern in diesem vergessenen Konflikt nicht gezählt”, sagte der Direktor der Organisation, Anthony Lake. “Aber die Fakten liegen vor uns”, sagte er. “Kinder werden getötet, weil sie entweder Muslime oder Christen sind. Kinder werden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und sich voller Angst vor den Kämpfern zu verstecken. Kinder werden Zeugen fürchterlicher Gewalt. Und Kinder werden als Soldaten von bewaffneten Gruppen rekrutiert – wahrscheinlich sind es schon mehr als 6.000”, so Lake. Der grausame Konflikt und der Missbrauch von Kindern müssten umgehend beendet und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

UNICEF unterstütze die Menschen in Zentralafrika trotz der schwierigen Situation weiter, vor allem in der Hauptstadt Bangui sowie in Bossangoa und Kaga Bandoro im Norden. Hunderttausende Kleinkinder seien gegen Masern geimpft worden, rund 47.000 Menschen hätten unter anderem Schutzmaterial wie Decken und Plastikfolien erhalten. “Aber wir alle müssen noch mehr tun”, sagte Lake. (APA, 16.12.2013)

http://derstandard.at/1385171175563/23-Millionen-Kinder-von-Konflikt-in-Zentralafrika-betroffen

Der Machtkampf zwischen Diktator und Opposition ist jetzt zum christlich-islamischen (Einheimische- Zuwanderer) Konflikt geworden! Katholische Priester und Imame hetzen die Gläubigen auf! Eine Kraft, die zur Versöhnung aufruft, gibt es in den Dörfern und Städten kaum. Die Franzosen begannen ihre Patrouillen am Montag mit der Entwaffnung der Seleka-Miliz. Aber sie hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass sie ungewollt Muslime zum Freiwild von Meuten wie der Gruppe um Serge machen würden. In Fouh, einem muslimischen Quartier, äussern sich Bewohner zornig. Man habe erwartet, dass die Franzosen gerecht vorgehen würden, nun zeige sich, dass sie Christen unterstützten, sagt Salim Djibrin, ein Versicherungsagent. Christen trauen Muslimen nicht mehr über den Weg – und umgekehrt. Hauptstadtbewohner flüchteten in alle Richtungen zu Freunden in Quartiere, die mehrheitlich der eigenen Konfession angehören, Christen ausserdem in Kirchenzentren. Im genannten muslimischen Quartier Fouh suchen Muslime Schutz. Einer von ihnen ist Adam Abakar, ein Händler, der gesehen haben will, wie französische Soldaten am Montag zwei Seleka-Milizionäre entwaffneten. Als diese danach vor einem Haufen christlicher Jugendlicher geflohen seien und die Hilfe der Franzosen erbeten hätten, seien sie abgewiesen worden; einer sei daraufhin gelyncht worden. Es ist unmöglich, derartige Aussagen zu überprüfen. Sie machen aber deutlich, dass die Aufgabe der Operation «Sangaris» komplizierter ist, als die Verantwortlichen annahmen.

Zentralafrika

Explosiver Hexenkessel in Bangui

Auslandnachrichten Donnerstag, 05:30

 1

Wütende Christen verweigern die Annahme von muslimischer Nahrungsmittelhilfe in Bangui.
Wütende Christen verweigern die Annahme von muslimischer Nahrungsmittelhilfe in Bangui. (Bild: SAM PHELPS)
Nach den Massakern der letzten Woche beruhigt sich die Lage in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui nur langsam. Einwohner sinnen auf Rache und nutzen die Entwaffnung der muslimischen Seleka-Miliz zu blinden Vergeltungsaktionen.
Markus M. Haefliger, Bangui

In Bangui, der Hauptstadt der Republik Zentralafrika, haben sich am Mittwoch erstmals wieder Einwohner vorsichtig auf die Strassen gewagt, nachdem es letzte Woche zu wüsten Massakern zwischen muslimischen und christlichen Einwohnern gekommen war. Im Stadtzentrum breiteten Marktfrauen Auslagen mit Fisch, Gemüse und Mehl aus. Aber niemand traut dem Frieden. Die Hauptverkehrsachsen, die die Stadt vom Fluss Oubangui aus sternförmig Richtung Nordwesten durchqueren, bleiben wie leergefegt. Radpanzer des 8. Marineinfanterieregiments der französischen Armee überwachen die wichtigsten Kreuzungen.

Blutbad knapp verhindert

In der Hauptstadt war der Konflikt zwischen François Bozizé, dem im März abgesetzten ehemaligen Präsidenten, und der Seleka («Bündnis»), einer losen Vereinigung von Aufständischen aus dem muslimischen Norden, lange als politischer Machtkampf ausgetragen worden. Aber jetzt nicht mehr. Wie schon im konfessionell durchmischten Nordwesten des Landes hat die Auseinandersetzung in Bangui eine rein konfessionelle Gestalt angenommen. Es begann am letzten Donnerstag, als Kämpfer der Anti-Balaka («gegen die Buschmesser»), Gruppen von christlichen und animistischen Dorfmilizen, ihren Widerstand gegen die muslimische Seleka in die Hauptstadt trugen. Bei den folgenden Massakern wurden laut dem Roten Kreuz 409 Personen getötet, meist unbeteiligte Zivilisten.

Den Anti-Balaka folgten zu Wochenbeginn fanatisierte christliche Einwohner. Sie wollen «Rache» nehmen für die in den vergangenen Monaten erduldete Gewalt durch Seleka-Milizionäre, richten ihren Hass aber gegen alle Muslime. Ohne die französischen Soldaten, die mit 1600 Mann im Land präsent sind, die meisten von ihnen in Bangui, sowie die Angehörigen der Militärmission der Nachbarstaaten der Region (Misca) würde die Gewaltspirale weiterdrehen und Bangui in einen blutigen Bürgerkrieg stürzen.

Im Quartier Combattants in der Nähe des Flughafens plünderten christliche Einwohner in der Nacht auf Dienstag die Läden von muslimischen Händlern. In einer Gruppe von Männern, die mit Macheten bewaffnet sind, tut sich ein gewisser Serge als Wortführer hervor. Sie seien stolz auf die Zerstörung, sagt er; die Muslime hätten mit den Seleka gemeinsame Sache gemacht, jetzt präsentiere man ihnen die Rechnung für den Verrat. Serges Kameraden grölen Zustimmung. Der Geruch von Alkohol liegt in der Luft. Die Männer räumen ein, dass sie bis vor kurzem bei den muslimischen Nachbarn eingekauft hätten. Zur Rechtfertigung greift Serge auf fremdenfeindliche Parolen zurück, nach denen alle Muslime «Tschader» oder «Sudanesen» sind. Die Behauptung enthält allenfalls in der jahrhundertealten Migration aus den genannten Gebieten einen Kern an Wahrheit.

BILDSTRECKE

Muslime tragen ausserhalb der Hauptstadt Bangui ihre Toten zu Grabe.
Muslime tragen ausserhalb der Hauptstadt Bangui ihre Toten zu Grabe. (Bild: Jerome Delay / AP / Keystone)

Ein Mob von Plünderern

Die Ladenstrasse im Quartier Combattants ist Teil der Zufahrtsstrasse zum Flughafen, in dem die Franzosen ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben. Hier begannen ihre Patrouillen am Montag mit der Entwaffnung der Seleka-Miliz. Aber sie hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass sie ungewollt Muslime zum Freiwild von Meuten wie der Gruppe um Serge machen würden. In Fouh, einem muslimischen Quartier, äussern sich Bewohner zornig. Man habe erwartet, dass die Franzosen gerecht vorgehen würden, nun zeige sich, dass sie Christen unterstützten, sagt Salim Djibrin, ein Versicherungsagent.

Christen trauen Muslimen nicht mehr über den Weg – und umgekehrt. Hauptstadtbewohner flüchteten in alle Richtungen zu Freunden in Quartiere, die mehrheitlich der eigenen Konfession angehören, Christen ausserdem in Kirchenzentren. Im genannten muslimischen Quartier Fouh suchen Muslime Schutz. Einer von ihnen ist Adam Abakar, ein Händler, der gesehen haben will, wie französische Soldaten am Montag zwei Seleka-Milizionäre entwaffneten. Als diese danach vor einem Haufen christlicher Jugendlicher geflohen seien und die Hilfe der Franzosen erbeten hätten, seien sie abgewiesen worden; einer sei daraufhin gelyncht worden. Es ist unmöglich, derartige Aussagen zu überprüfen. Sie machen aber deutlich, dass die Aufgabe der Operation «Sangaris» komplizierter ist, als die Verantwortlichen annahmen.

Verteidigungsminister Le Drian räumte dies am Mittwoch in Paris indirekt ein. Beim Einsatz in Mali Anfang Jahr sei klar gewesen, wer der Feind sei – die Jihadisten von al-Kaida –, in Bangui sei das Bild dagegen diffus, sagte Le Drian. In den nächsten Tagen werden die Franzosen darauf achten, dass sie nicht nur Milizen entwaffnen, sondern auch Ausschreitungen des Mobs im Keim ersticken. Andernfalls steht die Operation unter keinem guten Stern. In muslimischen Quartieren wurden am Mittwoch erstmals einige antifranzösische Transparente an Brückengeländern und Verkehrsinseln angebracht. «Non au génocide de Hollande» lautete eine der Parolen. Erschwerend kommt dazu, dass sich Paris auf keine einheimische Staatsmacht abstützen kann – auch das ein Unterschied zu Mali. Übergangspräsident Djotodia ist machtlos und spielt bei den politischen Planungen in Paris keine Rolle.

Zwei Männer verkörpern die Erinnerung an die einstige Harmonie unter den Religionen: der Imam der Hauptmoschee von Bangui, Oumar Kobine Layama, und Erzbischof Dieudonné Nzapalainga. Am Mittwoch besuchten sie Flüchtlingszentren beider Konfessionen, um die Gemüter zu kühlen.

Friedensbotschaft versickert

Der Erfolg war gemischt. Im Kirchenzentrum Don Bosco, in dem 1300 Flüchtlinge Zuflucht gesucht hatten, schlug dem Imam zunächst blanker Hass entgegen. Die Religionsführer hatten einen Camion mit Nahrungsmitteln im Geleit, aber eine Meute von kreischenden Frauen wollte von der Hilfe nichts wissen. «Feuer über euch!», riefen sie den muslimischen Fahrern und Trägern des Konvois zu und setzten das Gerücht in Umlauf, die Lebensmittel seien vergiftet worden. Wäre er nicht von gabonesischen Soldaten der Misca beschützt worden, hätte sich der Imam zurückziehen müssen.

In einer ruhigeren Ecke der Kirchenanlage sprachen die geistlichen Oberhäupter abwechslungsweise. Sie erinnerten daran, dass es Muslimen und Christen verboten sei, Gewalt mit Gegengewalt zu vergelten. Unter den Zuhörern, alles Christen, applaudierten einige dem Imam. Das Land sei krank, sagte der Erzbischof. Die Heilung werde viel Zeit brauchen, Rache sei ein untaugliches Mittel, das eigene Leid sofort zu sühnen.

Hollandes Wunschtraum

Das Problem Banguis und des Landes liegt darin, dass es keine mittleren Kader gibt, die die versöhnliche Botschaft weitertragen könnten. Selbst untere Chargen der katholischen Kirchenhierarchie hetzen laut ausländischen Beobachtern ihre Gemeinden auf und rechtfertigen die Gewalt. Muslimische Prediger, die weniger gebildet sind als Imam Layama, stehen ihnen diesbezüglich sicherlich nicht nach. Und politische Anführer wie Distriktchefs oder Parteienvertreter in den Quartieren, die das Anliegen in anderer Form verbreiten würden, gibt es schlicht nicht. Man kann sich derzeit schlecht vorstellen, wie Präsident Hollande das Versprechen einlösen will, das er beim Besuch in Bangui am Dienstag gab. Danach sollen in der Republik Zentralafrika schon vor Ende 2014 in einer normalisierten Lage Wahlen durchgeführt werden.

 

Paris fordert mehr Unterstützung der europäischen Partner

Niklaus Nuspliger, Brüssel ⋅ Die vom Uno-Sicherheitsrat autorisierte Intervention Frankreichs in seiner ehemaligen Kolonie Zentralafrika hat bisher kaum zu Kritik von offizieller Seite geführt. Im Gegenteil: Angesichts der zunehmenden Unpopularität von Auslandeinsätzen scheint man in den europäischen Hauptstädten wie auch in Washington ganz froh darüber zu sein, dass sich Paris der Situation in Zentralafrika annimmt und dass man sich nicht selber militärisch um die Verhinderung einer Menschenrechts-Katastrophe kümmern muss.

Nachdem Frankreich auch die Militärintervention in Mali praktisch im Alleingang bestritten hat, werden nun aber aus Paris zunehmend Klagen über die mangelnde Unterstützung westlicher Partner laut. Der französische Aussenminister Fabius erklärte kürzlich, die europäischen Regierungen machten es sich bei Krisenherden auf dem afrikanischen Kontinent «etwas leicht». Frankreich habe nicht die Berufung, ständig allein in Afrika einzugreifen. In der Tat ist die konkrete Unterstützung der Partner überblickbar. London und Washington haben bisher laut Medienberichten bloss einzelne Transportflugzeuge entsandt, Berlin hat ebenfalls Unterstützung beim Lufttransport und bei der Luft-Betankung angeboten.

Die Europäische Union ist derweil nicht untätig geblieben. Anfang Woche gab Brüssel die Aufnahme einer humanitären Luftbrücke zwischen Kamerun und Zentralafrika und die Verdoppelung der humanitären Hilfe auf 20 Millionen Euro bekannt. Zudem hat die EU 50 Millionen Euro aus einem Fonds mit dem Namen African Peace Facility gesprochen. Dieser Fonds war 2004 eigens für die Finanzierung afrikanischer Friedensmissionen geschaffen worden und soll nun auch einen Teil der Kosten der vom Sicherheitsrat beschlossenen und aus afrikanischen Soldaten bestehenden Uno-Mission für Zentralafrika decken.

Aussenminister Fabius forderte aber am Montag auch eine Übernahme der Kosten der französischen Militärintervention durch Europa und allenfalls auch durch die Uno. Präsident Hollande will nächste Woche am Gipfel zur EU-Verteidigungspolitik in Brüssel die Finanzierungsfrage auf die Tagesordnung setzen. Details dazu gab die französische EU-Vertretung am Mittwoch keine bekannt, doch schwebt Paris offenbar die Schaffung eines dauerhaften Finanzierungsfonds für Auslandseinsätze vor.

Dass die EU Auslandeinsätze einzelner Mitgliedstaaten finanziert, ist nach Angaben von EU-Beamten bisher noch nie vorgekommen und auch nicht geplant. Zwar gibt es bereits einen EU-Topf für die Finanzierung von Militäreinsätzen. Dieser kann aber nur angezapft werden, wenn die EU wie bei der Piratenbekämpfung vor Somalia («Atalanta») oder der EUfor-Mission in Bosnien eigene, von allen EU-Staaten beschlossene Militäroperationen betreibt.

 

Boko Haram: Es geht nicht um einen Verteilkampf zwischen muslimischem Norden und christlichem Süden, sondern zwischen Eliten und einer armen Mehrheit. Doch: Die Gewalt der islamistischen Sekte Boko Haram in Nordnigeria ist nicht lediglich das Werk von bösartigen Wahnsinnigen. Sie ist eingebettet in den Kampf um Macht und Ressourcen und ein Druckmittel gegen die angebliche Übermacht des Südens. Es ist nämlich gut möglich, dass der Terror verschwindet wie ein Spuk, sobald wieder ein Mann des Nordens die Staats- und Ölmacht in Nigeria übernommen hat. Doch: Die Armut des Nordens hat also nicht so sehr mit einer angeblichen politischen Vorherrschaft des Südens zu tun. Auch als die Regierungsmacht und die Kontrolle über die Ölressourcen in «nördlichen» Händen lagen, ging der grosse Teil der dortigen Bevölkerung leer aus. Umgekehrt nährte sich die Rebellion im Delta ja gerade vom Empfinden der dortigen Bewohner, die negativen Folgen der Ölförderung tragen zu müssen, ohne am Profit teilzuhaben.

Terror in Nordnigeria

Boko Haram, das Böse, das Öl und die Politik

Auslandnachrichten Heute, 12:00
Ein von Boko Haram zerstörtes Dorf.
Ein von Boko Haram zerstörtes Dorf. (Bild: Reuters)
Die Gewalt der islamistischen Sekte Boko Haram in Nordnigeria ist nicht lediglich das Werk von bösartigen Wahnsinnigen. Sie ist eingebettet in den Kampf um Macht und Ressourcen und ein Druckmittel gegen die angebliche Übermacht des Südens.
David Signer

3000 Personen hat die islamistische Terrorgruppe Boko Haram in den letzten vier Jahren in Nordnigeria umgebracht. Unter den Opfern waren vor allem Christen, moderate Muslime sowie Schüler und Studenten, ganz gemäss dem Namen der Sekte, der frei übersetzt «westliche Bildung ist Sünde» bedeutet. Man ist sprachlos ob so viel blinder Brutalität und fragt sich, was um Himmels willen Menschen, die sich selber als fromme Muslime sehen, dazu bringen kann, kaltblütig Kinder und Jugendliche zu töten. Es ist verständlich, dass sich manche Beobachter und Kommentatoren nicht anders zu helfen wissen, als zu Kategorien wie «Monster», «Wahnsinn» oder «das Böse» Zuflucht zu nehmen. Mit solchen Zuschreibungen schliesst man die Täter aus dem Bereich des Menschlichen aus, gibt es auf, soziale oder politische Erklärungen für solches Tun zu finden, schiebt die Ursachen entweder auf Individuelles («Scheusale») oder Anthropologisches («die menschliche Natur») und konstatiert resigniert, dass es halt einfach Unfassbares gebe.

Ressentiment des Nordens

Aber so schwer es uns fällt, das zu akzeptieren – Gut und Böse sind relative, gesellschaftsbedingte Zuschreibungen. Was hier als moralisch vorbildlich gilt, wird andernorts als verwerflich verschrien und umgekehrt. Das gilt sowohl für nationale Politik wie für persönliches Verhalten. Auch die brutalsten Verbrecher wissen ihr Tun vor sich und andern zu legitimieren, sosehr einem Aussenstehenden diese Beweggründe auch als blosse Alibis erscheinen. Zudem passieren auch Grausamkeiten nicht in einem luftleeren Raum. Sie werden ermöglicht oder motiviert durch spezifische Umstände.

Im Falle von Boko Haram spielt sicher die schlechte Regierungsführung Nigerias eine wichtige Rolle, die viele Junge in Arbeitslosigkeit und ohnmächtige Wut versinken lässt. Nun operiert Boko Haram allerdings im Spannungsfeld zwischen Norden und Süden, Islam und Christentum, Arm und Reich. Diese Gegensätze setzt die Gruppe ideologisch in eins, so dass nun auf einmal der arme Muslim aus dem Norden sich gegen den reichen Christen auflehnt, der im Norden nichts verloren hat und gefälligst in den Süden «zurückkehren» soll. Diese Gleichung ist insofern simplifizierend, als im Norden schon lange auch Christen leben, vor allem aber auch, weil die Frage der Verteilung von Macht und Geld nicht gar so eindeutig ist.

Zweierlei Sichtweisen

Es gibt in Nigeria im Prinzip zwei Lesarten dazu. Die «nördliche» Version besagt, der ölreiche Süden mit der Metropole Lagos bereichere sich hemmungslos auf Kosten des Nordens an den Bodenschätzen. Ein frappantes Indiz für diese Ungerechtigkeit ist aus dieser Sicht die Tatsache, dass das Land während 11 der vergangenen 14 Jahre von einem Präsidenten aus dem Süden regiert wurde, sowie die zunehmende Verarmung des Nordens. Die Durchmischung der Bevölkerung wird als «Invasion» und «Überschwemmung» des Nordens empfunden, die den traditionellen Lebensstil unterminiert. Die Einführung der Scharia in mehreren Gliedstaaten des Nordens wird als eine Art Notwehr gegen Überfremdung und zur Erhaltung der eigenen Identität interpretiert.

Aus der «südlichen» Perspektive sieht es anders aus. Es wird darauf hingewiesen, dass Nigeria seit seiner Unabhängigkeit 1960 bis zur Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1999 fast ausschliesslich von der (militärischen) Elite aus dem Norden regiert wurde. Als dieser Zirkel realisierte, dass das Machtmonopol nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, erlaubten sie einem Vertreter des Südens ihrer Wahl, Olusegun Obasanjo, zwei Amtszeiten als Präsident. Im Jahr 2007 gewann dann Umaru Yar’Adua, ein Mann aus dem Norden, die Wahlen. Da er nach drei Jahren im Amt verstarb, übernahm für das verbleibende Jahr sein Stellvertreter Goodluck Jonathan die Regierungsgeschäfte, der dann 2011 auch ordentlich als Präsident gewählt wurde. Nach Ansicht des Nordens wäre bei den Wahlen im Februar 2015 nun endlich wieder ein Muslim aus dem Norden dran, aber Jonathan hat angekündigt, er wolle noch einmal kandidieren.

Sein grosser Herausforderer ist Muhammadu Bahari, der 2011 gegen Jonathan unterlag, in einigen nördlichen Gliedstaaten jedoch deutlich vorn lag. Es ist auffällig, dass er den Terror von Boko Haram – der erst 2009 so richtig begann – kein einziges Mal verurteilte, sondern der Regierung vorwarf, dass sie mit den Rebellen im Nigerdelta in Verhandlungen trat, während sie gegen Boko Haram mit Gewalt vorging und vorgeht. Tatsache ist allerdings auch, dass es sehr wohl Verhandlungsangebote gab, diese aber von Boko Haram umgehend ausgeschlagen wurden.

Tolerierter Terror

Immer wieder wird von Vertretern des Südens der Verdacht geäussert, dass der islamistische Terror von den Machthabern im Norden toleriert oder sogar gefördert und instrumentalisiert wird, um Druck auf Jonathan und seine Regierung auszuüben. Es ist auf jeden Fall auffällig, wie zurückhaltend die lokalen Sicherheitskräfte gegen Boko Haram vorgingen, bevor die nigerianische Armee im Mai ihre Offensive startete und inzwischen angeblich den Anführer Abubakar Shekau getötet hat, was aber umstritten bleibt. Es wäre nicht das erste Mal, dass er voreilig für tot erklärt wurde.

Die Armut des Nordens hat also nicht so sehr mit einer angeblichen politischen Vorherrschaft des Südens zu tun. Auch als die Regierungsmacht und die Kontrolle über die Ölressourcen in «nördlichen» Händen lagen, ging der grosse Teil der dortigen Bevölkerung leer aus. Umgekehrt nährte sich die Rebellion im Delta ja gerade vom Empfinden der dortigen Bewohner, die negativen Folgen der Ölförderung tragen zu müssen, ohne am Profit teilzuhaben. De facto geht es nicht um einen Verteilkampf zwischen muslimischem Norden und christlichem Süden, sondern zwischen Eliten und einer armen Mehrheit.

Mangelnde Bildung

Ob man die Lebenserwartung anschaut, das Tagesbudget, die Kinder- oder Müttersterblichkeit, überall schneidet das Land mit rund 170 Millionen Einwohnern miserabel ab. Auf dem Uno-Entwicklungsindex nimmt es den 156. Platz von insgesamt 187 Ländern ein, als achtgrösster Erdölexporteur der Welt! Das gilt auch für die Bildung. Ein Drittel der nigerianischen Kinder geht nicht zur Schule. Die Gliedstaaten Bornu, Yobe und Bauchi sind jene mit der grössten Zahl von Analphabeten und der höchsten Intensität von religiöser Gewalt. Entgegen der Ideologie von Boko Haram rührt das Elend in Nordnigeria nicht von zu viel moderner Bildung, sondern von zu wenig. Zudem führt der Terror zu einem Teufelskreis: Die Instabilität vertreibt Investoren und Gewerbetreibende, so dass weniger Geld für Soziales und Bildung zur Verfügung steht, was die Jugendlichen in die Arme von Fanatikern treibt, was die Gewalt wiederum erhöht.

Der Gründer von Boko Haram, Mohammed Yusuf, der selber nicht einmal über eine Grundschulbildung verfügte, ist ein schlagendes Beispiel dafür, wie man aus der Not des Bildungsmangels eine Tugend machen kann. Im Prinzip verbrämte er seine etwas bornierten, konservativen Haussa-Überzeugungen als «islamisch» und machte aus seinen anti-modernen Ressentiments eine Ideologie, die lächerlich wäre, hätte sie nicht zu so viel Blutvergiessen geführt.

Wesentliche Punkte seiner «Bildungsoffensive» betreffen die Verteufelung von gemischten Klassen (die zu Prostitution führen), der Evolutionstheorie (eine anmassende Sünde), der runden Form der Erde (seiner Meinung nach flach) und der Meteorologie (Niederschläge seien das Werk der Engel). Zugespitzt könnte man sagen: Boko Haram kämpft mit Waffengewalt für die Verbreitung von Dummheit und Armut. Das sieht nach dem «absolut Bösen» aus. Aber ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode. Es ist nämlich gut möglich, dass der Terror verschwindet wie ein Spuk, sobald wieder ein Mann des Nordens die Staats- und Ölmacht in Nigeria übernommen hat.

Kaum ein Tag vergeht, an dem die Menschen in den Armenvierteln nicht aus Protest gegen schlechte staatliche Leistungen auf die Strasse gehen. Wegen eines 7 Wochen langen Streiks rollten in den Autofabriken im September 70% weniger Fahrzeuge von den Bändern als im Jahr zuvor. Dem Bergbau, einer Schlüsselbranche, machen ebenfalls Arbeitskämpfe zu schaffen – zusätzlich zu sinkenden Rohstoffpreisen und immer höheren Förderkosten. Anders, als es sich die Menschen von Mandela erhofft hatten, profitierten vom «Neuen Südafrika» vor allem grosse Teile der ohnehin schon wohlhabenden weissen Bevölkerung und eine neue schwarze Elite. Zwischen Arm und Reich klafft damit eine tiefere Kluft als während der Zeit der Rassentrennung. Das Wachstum stagniert, die Arbeitslosigkeit verharrt bei mehr als 25%, die Landeswährung Rand ist so schwach wie seit Jahren nicht mehr, und der Zorn in der Bevölkerung über eine sich masslos bereichernde politische Elite wächst.

Viele Hoffnungen nicht erfüllt

Mandelas schwieriges wirtschaftliches Erbe

Wirtschaftspolitik Dossier: Aufstrebende BRICS-Staaten und SchwellenländerSamstag, 7. Dezember, 19:42
Kinder vor einem Mauerbild in Soweto, das Mandela und den Anti-Apartheid-Aktivisten Sisulu zeigt.
Kinder vor einem Mauerbild in Soweto, das Mandela und den Anti-Apartheid-Aktivisten Sisulu zeigt. (Bild: Reuters / Siphiwe Sibeko)
Südafrika verdankt Nelson Mandela auch den wirtschaftlichen Aufstieg nach dem Ende des Regimes der Rassentrennung. Unter seinen Nachfolgern haben sich aber viele Hoffnungen der schwarzen Bevölkerung auf ein besseres Leben nicht erfüllt.
Claudia Bröll, Kapstadt

«Wir normale Südafrikaner müssen tagtäglich eine Realität schaffen, in der alle die Hoffnung auf ein glorreiches Leben haben.» Mit Sätzen wie diesen bereitete Nelson Mandela 1994 seine Landsleute auf eine neue Ära vor, als er als erster demokratisch gewählter Staatspräsident Südafrikas sein Amt antrat. Der am Donnerstagabend verstorbene Nationalheld war für Millionen Menschen nicht nur ein Verfechter für Gerechtigkeit gewesen, sondern auch ein Hoffnungsträger für wirtschaftliches Wohlergehen.

Hausgemachte Probleme

Mit der Wahl Mandelas war Südafrika nach langer Isolierung in die Weltwirtschaft zurückgekehrt. Etliche Unternehmen erkoren die «Regenbogennation» zu einem ihrer Lieblingsstandorte aus. Eine ausgeklügelte Politik der Förderung von Schwarzen sollte den einst Unterdrückten den Weg zu Geld und Einfluss im Wirtschaftsleben ebnen. Seit diesen Anfängen wurden aber viele Chancen verspielt. Fast 20 Jahre später steckt die grösste afrikanische Volkswirtschaft in Nöten: Das Wachstum stagniert, die Arbeitslosigkeit verharrt bei mehr als 25%, die Landeswährung Rand ist so schwach wie seit Jahren nicht mehr, und der Zorn in der Bevölkerung über eine sich masslos bereichernde politische Elite wächst. Die derzeitige Führung des Landes habe es nicht geschafft, auf dem von Mandela gebauten Fundament aufzubauen und vor allem der jungen Generation die Aussichten auf ein besseres Leben zu eröffnen, bilanziert der Ökonom Iraj Abedian, der einst die Regierung Mandelas in wirtschaftspolitischen Fragen beraten hat.

Nach dem Jahr 1994 erlebte das Land eine 15 Jahre lange Aufschwungsphase, die in Wachstumsraten von bis zu 6% gipfelte. Die aufstrebende Nation profitierte von der Öffnung neuer Exportmärkte und dem Rohstoffhunger in Asien. Zugute kam ihr ein pragmatischer Kurs in der Wirtschaftspolitik, den viele von der Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC), einem Verbündeten der Sowjetunion in Widerstandszeiten, nicht für möglich gehalten hatten. Mandela sei es um das übergeordnete Ziel gegangen, sagt Abedian: die schwarze Bevölkerung von der Unterdrückung zu befreien und ein friedliches Miteinander von Schwarzen und Weissen zu ermöglichen.

Die Wirtschaftspolitik sei dafür lediglich ein Mittel zum Zweck gewesen. So schlug der ANC einen marktwirtschaftlich orientierten Kurs ein, stabilisierte die Staatsfinanzen, umgarnte ausländische Investoren und unterstützte zukunftsträchtige Branchen wie die Autoindustrie mit Subventionen. Seit 2009 jedoch hat sich das Blatt gewendet, nicht nur wegen der globalen Wirtschaftskrise. Auch die hausgemachten Probleme nahmen zu. Ausländische Investoren beklagen schlechtere Standortbedingungen und immer grössere Unsicherheiten, vor allem wenn sie direkt mit der Regierung zu tun haben. Vor kurzem hat eine einseitige Kündigung bilateraler Investitionsschutzabkommen europäische Wirtschaftspartner – darunter auch die Schweiz – verärgert.

Begräbnis von Mandela

(dpa) Die zentrale Trauerfeier für den verstorbenen südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela soll am Dienstag, 10. Dezember, im Fussballstadion von Johannesburg stattfinden. Das teilte Südafrikas Präsident Jacob Zuma am Freitag in Johannesburg mit. Zu der Trauerfeier werden Staatsoberhäupter aus aller Welt erwartet.

Für diesen Sonntag, 8. Dezember, kündigte Zuma einen nationalen Tag der Trauer und des Gebets an. «Wir werden eine Woche lang trauern. Und wir werden auch eine Woche lang sein erfülltes Leben feiern», sagte Südafrikas Staatsoberhaupt.

Anschliessend erhalten die Südafrikaner Gelegenheit, persönlich von ihrem ersten schwarzen Präsidenten Abschied zu nehmen. Vom 11. bis 13. Dezember wird der Leichnam Mandelas in der Hauptstadt Pretoria aufgebahrt. Das offizielle Begräbnis des Friedensnobelpreisträgers soll am Sonntag, 15. Dezember, in seinem Geburtsort Qunu stattfinden.

Südafrika gehört seit 2010 zwar offiziell dem Brics-Club der wachstumsstarken Schwellenländer der Welt an. Die Reserve Bank jedoch korrigierte vor kurzem die Wachstumsprognose auf nur noch 2% in diesem Jahr – keine berauschende Zahl für ein Brics-Mitglied. In der verarbeitenden Industrie sinkt die Produktion. Wegen eines 7 Wochen langen Streiks rollten in den Autofabriken im September 70% weniger Fahrzeuge von den Bändern als im Jahr zuvor. Dem Bergbau, einer Schlüsselbranche, machen ebenfalls Arbeitskämpfe zu schaffen – zusätzlich zu sinkenden Rohstoffpreisen und immer höheren Förderkosten. Auch das Vertrauen der Konsumenten ist so niedrig wie seit neun Jahren nicht mehr. Zusätzlich halten sich die Banken mit der Vergabe ungesicherter Kredite zurück, die früher die Kauffreude angestachelt haben.

Eine baldige Wende zeichnet sich nicht ab. Die Möglichkeiten, kurzfristig über die Geldpolitik oder die Fiskalpolitik gegenzusteuern, sind begrenzt. Die Zentralbank liess die Leitzinsen in ihrer jüngsten Sitzung bei 5% und damit auf dem niedrigsten Niveau seit 35 Jahren. Weitere Senkungen würden die Inflation antreiben und die Landeswährung Rand schwächen, argumentierte Notenbankpräsidentin Gill Marcus. Auch Finanzminister Pravin Gordhan hat kaum Spielraum. Rating-Agenturen beäugen das wachsende Defizit im Staatshaushalt mit Sorge. In Südafrika ist die Zahl der Empfänger staatlicher Hilfen dreimal so hoch wie die Zahl der Steuerzahler.

Staatspräsident Jacob Zuma brüstet sich dennoch mit dem bisher Erreichten. Die Wirtschaft sei seit 1994 um 83% gewachsen, 3,5 Mio. Menschen seien in Beschäftigung gekommen, und soziale Hilfen erreichten 16 Mio. statt zuvor nur 2,5 Mio. Südafrika sei ein viel besserer Ort als vor 1994, vor allem in den vergangenen fünf Jahren habe sich die Lage verbessert.

Die Regierung hat tatsächlich hohe Summen in neue Sozialbauten im ganzen Land gesteckt. Viele Bürger haben nun Anschluss an das Stromnetz und fliessendes Wasser. Trotzdem leben Millionen immer noch in Wellblechhütten, mehr als 2 Mio. Haushalte verfügen über keine eigene Toilette. Das staatliche Bildungswesen ist in einer so maroden Verfassung, dass trotz Fachkräftemangel mehr als jeder zweite junge Südafrikaner keine Arbeit findet. In einer Studie des Weltwirtschaftsforums über die Qualität der Ausbildung landete Südafrika nur auf Rang 140 – vor Haiti, Libyen, Burundi und Jemen. Anders, als es sich die Menschen von Mandela erhofft hatten, profitierten vom «Neuen Südafrika» vor allem grosse Teile der ohnehin schon wohlhabenden weissen Bevölkerung und eine neue schwarze Elite. Zwischen Arm und Reich klafft damit eine tiefere Kluft als während der Zeit der Rassentrennung.

Streiks und Proteste

Kaum ein Tag vergeht, an dem die Menschen in den Armenvierteln nicht aus Protest gegen schlechte staatliche Leistungen auf die Strasse gehen. Im vergangenen Jahr eskalierte ein Streik auf dem Gelände einer Platinmine so sehr, dass Minenarbeiter von schwarzen Polizisten erschossen wurden. Arbeitskämpfe haben Südafrika im vergangenen Jahr 0,5 Prozentpunkte des Wirtschaftswachstums gekostet und eine Herabstufung der Bonitätsnote von allen Rating-Agenturen eingebracht. Im Andenken an Mandela zeigt das südafrikanische Fernsehen Filmaufnahmen von den Aufständen gegen das Apartheid-Regime in den 1980er Jahren. Was sich heute auf den Strassen und auf dem Gelände der Minen abspielt, sieht jedoch oft bedrückend ähnlich aus. In die Trauer um Mandela mischt sich daher auch die Sehnsucht nach einer Führungspersönlichkeit seines Formats. Die sonst zurückhaltende Zentralbankchefin fand unlängst klare Worte: «Wir stecken in einer Krise, die koordinierte und weitreichende politische Reaktionen erfordert.»

Nelson Mandela prophezeite im Jahr 1991 am World Economic Forum in Davos: «Die Menschen werden sich nicht mit höflichen, aber inhaltsleeren Antworten zufrieden geben. Sie werden sich nicht mit dem Versprechen zufrieden geben, dass sich morgen etwas ändert, wenn heute nicht erkennbar ist, wie es dazu kommen soll.» Knapp 20 Jahre später würden sich viele in Südafrika wünschen, ihr Nationalheld könnte mit solchen Sätzen noch einmal zu Wort kommen.